AD(H)S ist in aller Munde, doch was bedeutet es und wie kann man diese Verhaltensstörung feststellen? Im ICD 10 (internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) werden in diesem Zusammenhang folgende Begriffe aufgeführt:

F90.0: Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

F98.80 Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität mit Beginn in der Kindheit und Jugend

Um eine ADHS Diagnose vergeben zu können, müssen die Symptome von Hyperaktivität, Impulsivität und / oder Unaufmerksamkeit die Kriterien von ICD-10 erfüllen. Wenn Verhaltensauffälligkeiten die Beziehungen der/s Betroffenen beeinträchtigen, die Leistungsfähigkeit oder die Teilhabe einschränken, kann eine ausführliche Diagnostik Klarheit schaffen.

Vorab einen AD(H)S Test gibt es nicht. Es gibt aber testpsychologische und neuropsychologische Untersuchungen, die eine gesicherte Diagnose ermöglichen.

Bei welchen Personen sollte eine ADHS-Diagnostik durchgeführt werden?

Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Entwicklungs-, Lern- / Leistungs- oder Verhaltensproblemen oder anderen psychischen Störungen und Hinweisen auf Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit und Konzentration oder auf erhöhte Unruhe oder Impulsivität sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass eine ADHS vorliegt.

Wer sollte eine ADHS-Diagnostik durchführen?

Bei Kindern und Jugendlichen sollte die Diagnose einer ADHS durch einen Facharzt für Kinder und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, oder einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, oder ein Psychologischer Psychotherapeut mit Zusatzqualifikation für Kinder und Jugendliche, oder einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Erfahrung und Fachwissen in der Diagnostik von ADHS durchgeführt werden.

Welche diagnostischen Maßnahmen sollen routinemäßig eingesetzt werden?

In unserer Praxis fertigen wir ein sogenanntes QEEG (Quantitatives Elektroenzephalogramm) an. Die Interpretation der dargestellten Gehirnwellen können bei AD(H)S aufschlussreich sein.

Außerdem überprüfen wir die Aufmerksamkeit sowie die Konzentration mit dem Tool „Capito“ „Cognitive and Psychophysiological Test Operations“. Capito ist eine Software, die unter der Leitung von Thomas F. Feiner in Zusammenarbeit mit Neurowissenschaftlern und Programmierern entwickelt wurde. Bei CAPITO handelt es sich um ein äußerst flexibles Tool zur Messung von Reaktionszeiten, Daueraufmerksamkeit, selektiver Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Belastbarkeit.

Für die Diagnose dürfen folgende Informationen nicht fehlen:

  1. Eine umfassende strukturierte Exploration des Patienten und – v.a. bei Kindern und Jugendlichen – seiner Bezugspersonen (vor allem der Eltern, wenn möglich auch der Lehrer:innen/ Erzieher:innen, einschließlich schriftlicher Berichte und Zeugnisse)
  2. Die aktuellen ADHS-Symptomatik (Art, Häufigkeit, Intensität) in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Schule, Freizeitbereich) und die situativen Variabilität in diesen Lebensbereichen (z.B. bei Hausaufgaben, bei Familienaktivitäten)
  3. Die aktuellen resultierenden Einschränkungen der Funktionsfähigkeit (z.B. in den Beziehungen, der Leistungsfähigkeit, der Teilhabe)
  4. Aktuellen koexistierenden psychischen Symptomen / Störungen oder körperlichen Erkrankungen
  5. Der aktuellen und früheren Rahmenbedingungen, Ressourcen und Belastungen in der Familie und im Kindergarten / in der Schule oder am Arbeitsplatz, einschließlich der psychischen und körperlichen Gesundheit der Bezugspersonen,
  6. Die störungsspezifische Entwicklungsgeschichte (z.B. Beginn und Verlauf der Symptomatik) vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklungsanamnese einschließlich relevanter Vorbehandlungen
  7. Die Ressourcen, Wünsche und Bedürfnisse des Patienten/ der Patientin und seiner/ihrer Bezugspersonen
  8. Die Familienanamnese, insbesondere mit Anhaltspunkten auf eine ADHS bei Eltern / Geschwistern / Kindern
  9. Die Verhaltensbeobachtung des Patienten und – bei Kindern und Jugendlichen – der PatientEltern Interaktionen in der Untersuchungssituation (ADHS Symptome müssen dabei nicht notwendigerweise auftreten)
  10. Die psychopathologischen Beurteilung des Patienten/ der Patientin auf der Grundlage der explorierten und beobachteten Symptomatik
  11. Eine körperliche und insbesondere der neurologischen Untersuchung mit Beurteilung des Entwicklungsstandes. (Enge Zusammenarbeit mit der/dem Kinderärztin/Kinderarzt)

Gibt es altersspezifische Besonderheiten, die bei der Diagnostik zu berücksichtigen sind?

Bei der Diagnostik sollten altersspezifische Besonderheiten der Symptomatik in unterschiedlichen Altersgruppen Berücksichtigung finden:

  1. Die Diagnose einer ADHS soll vor dem Alter von drei Jahren nicht gestellt werden. Be
  2. Kindern im Alter von drei bis vier Jahren kann die Diagnose in der Regel nicht hinreichend sicher gestellt werden.
  3. Die Kindern im Vorschulalter soll die Diagnose in der Regel nur bei sehr starker Ausprägung der Symptomatik gestellt werden. Bei
  4. jüngeren Kindern können sehr stark ausgeprägte Unruhe, Impulsivität und Ablenkbarkeit sowie Störungen der Regulation Risikofaktoren für die Entwicklung einer ADHS sein.
  5. Je jünger die Kinder sind, umso schwieriger ist eine Abgrenzung zu Normvarianten.
  6. Im Jugend- und Erwachsenenalter muss die im Verlauf der Pubertät oft einsetzende Verminderung der Hyperaktivität berücksichtigt werden.
  7. Andere psychische Störungen müssen differenzialdiagnostisch abgegrenzt bzw. als koexistierende

Liegt ein AD(H)S vor, kann mithilfe des Neurofeedbacktrainings (eine schmerzfreie Therapieform zur Behandlung von z. B. ADHS) eingesetzt werden. Im Gegensatz zu Medikamenten ist es eine nachhaltige Behandlungsform und kann auch schon bei kleinen Kindern und natürlich auch bei Erwachsenen angewendet werden.